Photographe : © Michael Egloff
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Photographe : © Bruno Helbling
Raum für die Nachhaltigkeit
Wer im Glaushaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen – und wer ein Zentrum für Nachhaltigkeit entwirft, muss besonders umweltverträglich bauen. Diese Herausforderung hat das Büro René Schmid Architekten mit der Umwelt Arena auf innovative Weise gemeistert. Ausdruck, Form und Funktion des Gebäudes bilden darüber hinaus eine überzeugende Einheit.
Durch Spreitenbach zieht sich eine Kette von Einkaufszentren, Einrichtungshäusern und Grossisten, aufgereiht an der verkehrsreichen Landstrasse. Seit diesem Sommer fügt sich in die Reihe der grossmassstäblichen Baukörper ein auffälliger Solitär ein. ein 100 Meter langer und 60 Meter breiter Neubau, entworfen von René Schmid Architekten. Das Gebäude sieht nach Sportarena aus, doch dieser Eindruck trügt: Hier geht es um die Umwelt. Denn die «Umwelt Arena», die am 24. August eröffnet wird, präsentiert ihrem Publikum, was es an nachhaltiger Technik und umweltverträglichen Produkten gibt. Damit passt die Umwelt Arena nach Spreitenbach, denn die Stadt erhielt 2008 von EnergieSchweiz das Label «Energiestadt» verliehen. Das Label zeichnet Gemeinden aus, die eine nachhaltige Energiepolitik verfolgen, erneuerbare Energien sowie umweltverträgliche Mobilität fördern und die auf eine effiziente Nutzung der Ressourcen setzen.
Nachhaltigkeit erfahrbar machen
Auch wenn der Neubau im Minergie-P-Standard nicht dem Sport dient, wird er dem Namen Arena dennoch gerecht. «Im Herzen des Gebäudes liegt eine dreigeschossige Arena für Nachhaltigkeit, die bis zu 4000 Personen fasst», erklärt René Schmid. Hier können Kongresse oder Kulturanlässe durchgeführt werden. Die Dimensionen der Arena erlauben es zum Beispiel auch, dass Interessierte mit einem E-Bike oder Elektromobil eine Proberunde drehen. Um dieses Herzstück im ersten Untergeschoss herum liegen Seminarräume, ein Restaurant und Ausstellungen zu den Themen Natur und Leben, Energie und Mobilität, Bauen und Modernisieren sowie Erneuerbare Energien. Die Dauer- und Wechselausstellungen werden mit Partnern realisiert und sind ebenfalls ganz aufs Anfassen und Erleben ausgerichtet. Jährlich erwarten die Betreiber etwa 300'000 Besucher in der Umwelt Arena.
Funktionales Design aus Natur und Technik
Schmid legte sein Hauptaugenmerk darauf, dass äussere Form, Eindruck, Konstruktion und Nutzung der Umwelt Arena eine sinnvolle und sparsame Einheit bilden. Um für die vorgegebene Nutzung die passende Form zu finden, liessen er und sein Team von verschiedenen Vorbildern leiten. Für die Grundform orientierten sich die Architekten einerseits bei ausgebreiteten Vogelflügeln, andererseits fanden sie Vorbilder in der Welt schneller Autos und Boote. Das Gebäude mit dem ovalen Grundriss erhielt eine Flachkuppel, die sich fast bis zum Boden spannt. Wie Reptilienschuppen bilden speziell geformte Photovoltaikpanelen die schützende Gebäudehülle. 1000 der 5500 Module wurden dafür in speziellen Formen gefertigt. Ihre Facetten und der dunkle Glanz der Photovoltaikpanelen erinnern auch an einen Kristall. «Wir wollten einfach eine Form finden, die Dynamik und Sportlichkeit ausdrückt», sagt der Architekt. Schliesslich gehe es ja auch bei der Umwelt Arena um ein sportliches Vorhaben: mit wenig Energie und Geld einen optimalen Komfort zu erreichen.
Küchenabfälle werden zu Energie
Form und Funktion bilden eine sinnvolle Einheit. Die Gebäudehülle produziert auf einer Fläche von 20 Tennisplätzen Strom für 120 Haushalte. Volumen und Masse der grossen Arena werden geschickt genutzt, um Energie zu sparen. «Der Betonkern und das Fundament funktionieren auch als leistungsfähiger thermischer Speicher», erklärt der Architekt, «und der ganze Beton ist von 60 Kilometern so genannter Tabs durchzogen.» Diese Schläuche temperieren die thermoaktiven Bauelemente aus Beton, die sehr träge reagieren. Kälte oder Wärme wird in grossen Wasserspeichertanks von je 70’000 Litern Fassungsvermögen und in einem Erdregister mit neun Kilometern Leitungen unter der Bodenplatte gespeichert. Die Heizenergie stammt von verschiedenen Systemen, die zugleich Teil der Ausstellung sind. Die Leitungen liegen teilweise offen, damit Besucher das Heizsystem besichtigen und verstehen können. Zusätzliche Energie liefert ein Fermenter. «Er verarbeitet wie ein grosser maschineller Darm Grünabfälle und Speisereste aus dem Restaurant in 15 bis 20 Tagen zu Methangas», sagt René Schmid, der selbst seit vielen Jahren ein Kompogas-Auto fährt.
Anspruchsvoller Holzbau
Auf den Betonkern aufgesetzt ist die Holzkonstruktion, die im Kastenbausystem errichtet wurde. René Schmid sagt: «Das Dach mit den freien Winkeln in dieser Form überhaupt konstruieren zu können, war eine sehr interessante und anspruchsvolle Aufgabe.» Das Architektenteam hat die Dachkonstruktion dreidimensional am Computer aufgebaut. Dieses 3D-Modell konnte beim Holzbauer direkt eingelesen und für die Fertigung angepasst werden. «So konnten die Elemente vorfabriziert und vor Ort nur noch zusammengefügt werden.»
Erste CO2-neutrale Grossbaustelle der Welt
Die Initianten der Umwelt Arena erheben den Anspruch, weltweit die erste CO2-neutrale Grossbaustelle betrieben zu haben. Ein Teil des Stroms produzierten Solarzellen auf den Baucontainern und ein Windrad auf dem Baukran. Lastwagen und Baumaschinen fuhren mit Kompogas, gebrauchtem Speiseöl oder Biodiesel. Der Aushub erfolgte etappenweise, damit die 80’000 Kubikmeter Material im nahe gelegenen Betonwerk zu Zuschlagsstoffen aufbereitet und dem Zement beigemischt werden konnten; der Zement wurde dank der natürlichen Komponente – gebranntem Schiefer – mit deutlich weniger Energie hergestellt. Für die Stahlkonstruktion kam Recyclingstahl zum Einsatz. Die Umweltbelastung wurde auch durch den Umgang mit den verbauten Materialien tief gehalten: «Wir haben das Material natürlich belassen, wenn dies technisch möglich war», sagt René Schmid. Verwendet wurden Beton, Holz, Stahl und Putz. Im Inneren sind diese Materialien meist roh zu sehen – der Glattputz wurde nicht gestrichen, der Stahl oft nur geölt.
Lösungen finden
Die sparsame Haltung findet in vielen Details einen spielerischen und kreativen Ausdruck: «Die Metallgeländer im Innern haben herausgeschnittene Aussparungen», sagt der Architekt, «aber diese ‚Abfallstücke’ haben wir nicht einfach weggeworfen, sondern für die Aussengeländer verwendet.» Sie wurden zwischen ein oberes und unteres Metallband geschweisst, so dass die Geländer im Inneren und im Aussenraum ein Positiv und Negativ ohne Materialverlust bilden. Diese einfache Lösung zeigt exemplarisch René Schmids Anliegen, durch Vereinfachung und Kreativität eine Lösung zu finden, die sowohl ästhetisch als auch ökologisch überzeugt.
Umwelt Arena AG Spreitenbach
René Schmid, Gøran Keuchel
Initiator: Walter Schmid, swiss energy pioneer
Photographe : © Bruno Helbling
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Photographe : © aPix Alex Buschor Photography
Photographe : © aPix | Alex Buschor Photography
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